7.10.2008

Paul Weller, Köln 2008

Weller 1
Paul Weller war mal wieder in Köln, und die Atmosphäre bei so einem Weller-Konzert ist immer auf gute Weise vorhersehbar, wie ein Lieblingswhisky, den man sich hin und wieder genehmigt. Wir haben gestern noch überlegt, dass man so einen Weller-Auftritt mal feministisch analysieren/dekonstruieren sollte, denn dort ist es immer so unglaublich MÄNNLICH:
- Auf der Bühne stehen fünf Männer.
- Im Publikum sind zu 80% Männer. Es gibt ein paar Frauen, diese sind meist von ihren Männern mitgebracht worden. Zwei Frauen ohne Männerbegleitung, so wie wir, sind die absolute Ausnahme hier.
- Die Luft an diesem Ort (dem E-Werk) riecht auffällig stark nach Aftershave.
- Weller bewegt sich auf der Bühne ja stets ein bisschen wie ein Hahn – so, dass man sieht, dass er der Chef ist, aber nicht so aufgeplustert wie zum Beispiel Mick Jagger. Er ruckt steifnackig auf der Bühne herum, bearbeitet seine Gitarre mit gebremster Aggressivität, schreit mit angespannten Halsmuskeln etwas ins Mikro und ackert dann weiter. Es hält ihn nicht am Mikrofon – manchmal schreit er noch was im Wegrocken, aber das Mikro hört ihn nicht mehr.
- Schon nach zwei Songs ist die berühmte Weller-Frisur (die von einigen im Publikum mal mehr, mal weniger erfolgreich imitiert wird) ruiniert – wenn er nun mit dem Kopf schüttelt, fliegen die schweißnassen Zotteln, und die Bühnenluft füllt sich mit männlichem Schweiß und dem Dunst aus dampfenden Fred-Perry-Hemden.
- Die Musik ist zwar mitunter filigran, und es gibt ja auch ein paar Balladen, bei denen der Meister am Piano sitzt, aber diese sind klar darauf zugeschnitten, dass Männer sie mögen – sie werden mit rauer Weller-Stimme gesungen, man kann nen Doppelten dazu trinken, und oft enthalten sie eine männlich-aufbauende „Jetzt reiß dich zusammen und zieh dich selbst aus dem Dreck!“-Lyrik.
- Ansonsten rockt es zuverlässig, und gibt es sehr schönes „Gitarrengewichse“, auch „guitar noodling“ genannt.
- Bei einigen Gitarrensoli rocken sich Weller und sein Gitarrist an, wie man das halt so macht. Es sieht aus wie ein Balzkampf unter Hirschen, nur eben mit Gitarrenhälsen statt Geweihen.
- Während im Saal die Raucher darben, zündet sich Weller eine Kippe nach der nächsten an. Mal hält er die Hand mit der Zigarette so abgespreizt, dass diese keine Brandlöcher in seine elegante Hose macht, mal drischt er auf die Gitarre ein und pufft den Rauch währenddessen lässig aus dem Mundwinkel. Die anderen Musiker rauchen auch, und die Bühne ist bald malerisch zugequalmt. Ach ja, getrunken wurde auch, ich konnte aber nicht sehen, was es war.
Soweit also das Männliche!
Nun ist es aber keinesfalls so, dass mir das nicht gefällt (im Gegenteil – sonst wäre ich ja auch nicht hingegangen). Abgesehen davon, dass viele Typen im Publikum recht nett aussahen und potenzielle Heiratskandidaten wären :-), fühle ich mich in dieser Umgebung immer eher selbst als Mann, identifiziere mich vollständig mit dem ganzen Kram und fühle mich da gut aufgehoben – es ist noch mal anders männlich als nach einem englischen Fußballspiel oder so, obwohl auch ein paar britische lads im Publikum waren. Das Ganze wirkt auch nicht allzu sehr wie peinliches Imponiergehabe – Weller ist einfach schon ne coole Sau!
Er spielte so einige Songs vom neuesten Album „22 Dreams“, wobei „Echoes Round the Sun“, das mit Noel Gallagher geschriebene Stück, live echt brachial rüberkam, nicht so öde wie auf Platte … Ein paar ältere Solo-Stücke gab es natürlich, schön zum Beispiel „Wild Wood“ und „Brand New Start“, auch Sachen von der letzten Platte („From the Floorboards Up“). Die typischen Jam-Kracher fehlten, und es gab nur zwei Zugaben, aber das macht eigentlich nichts – es war ein verlässlich netter Abend.
Weller 2

Weller akustisch

Weller mit Zigarette

Hinterlasse einen Kommentar

Du musst Dich erst einloggen um einen Kommentar zu schreiben.

Kategorien